18. September 2006

[TV&Co] Hätt' ich doch lieber das Buch gelesen

Nein, nicht verschaut, dieser Eintrag heißt ähnlich, aber doch anders dem vorletzen. Aber um es auf den Punkt zu bringen: Ich war gerade im Kino; in "Das Parfüm".

Zunächstmal muss ich anmerken, dass ich das Buch nicht gelesen habe. Nach Anschauen des Filmes bin ich mir nicht sicher, ob ich es trotzdem oder gar nicht lesen sollte. Weil der Film war einfach nur langweilig.

Positv war die Ausstattung, die Kulissen, die Nebendarsteller - allen voran Dustin Hoffman und Alan Rickman - und die sehr gelunge Kameraführung. Auch ein Prise Humor hat hier und da die Handlung aufgelockert.

Negativ war der blasse Hauptdarsteller, dessen irgendwie unnachvollziehbare Motivation, eine seltsame Rückblende zu seinem ersten Opfer gegen Ende, die es dem Zuschauer nahe legt, er hätte alles wegen ihr getan (was aber falsch ist laut Buch) - und die Langeweile, die sich nach den ersten 15 Minuten einstellt.

Tatsächlich ist die Handlung recht vorhersehbar, scheinbar wurden interessante Episoden, die das Puzzle vom Seelenleben des Hauptcharakters näher beleuchten, komplett weggelassen wie mir von kompetenter Seite versichert wurde und schon gar nicht ging der Film großartig auf die Düfte selber ein, die da angeblich im Roman so großartig in Worte gefasst sind.

Auch erschien es mir recht unlogisch, dass Grenouille zwar die Leichen an mehr oder weniger öffentlichen Plätzen deponierte (und trotz Polizeiaufgebot und Ausgangssperre munter weitermorden konnte), aber die abgeschnittenen Haare und Kleider der Opfer dann in der Nähe seines Arbeitsplatzes vergräbt (wo sie auch promt gefunden werden später). Überhaupt werden die Morde in einigen wenigen Szenen zusammengefasst und im MacGyver-Stil gezeigt wie er aus den Leichen mittels Tierfett und Leinentüchern den Duft "extrahiert". Das gerät alles zu einer Beliebigkeit - und das ist auch das Gefühl, das einem der Film gibt: Er ist beliebig, die interessante Pointe mit den Gerüchen ist schnell verbraucht und stattdessen kriegt man einen Jack-the-Ripper-auf-Französisch serviert.

Die abschließende Orgie war mehr oder weniger jugendfrei inszeniert. Überhaupt frage ich mich wie der Film FSK12 bekommen konnte, immerhin gibt es einige eklige, brutale und anstößige Szenen, von den Morden ganz zu schweigen, die im Großen und Ganzen recht unreflektiert hingenommen werden und auch kaum moralische Entrüstung hervorrufen - weder bei den anderen Darstellern noch beim Publikum. Andererseits "freut" man sich auch nicht mit dem Hauptcharakter (wie auch, erst am Schluß wird erklärt, warum er das alles getan hat, bis dahin tappt man eigentlich im im Dunkeln) oder empfindet eine morbide Lust wie bei Hannibal Lecter.

Leser des Buches schienen den Film sehr viel positiver aufzunehmen, was am Vorwissen um eben diese Zusammenhänge liegen mag. Nochmal würde ich ihn mir jedenfalls nicht mehr anschauen; schöne Kostüme und historische Kulissen gibt es in anderen Filmen auch und da interessiert wenigstens das Schicksal der Protagonisten mehr oder wenigstens lenkt die Action von den Handlungslöchern ab.

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