30. November 2012

[TV&Co] James Bond 007 - Skyfall



Um das Ergebnis gleich vorweg zu nehmen: Skyfall ist ein absoluter Reinfall.

Ich muss zugeben, dass ich mich von dem Hype habe anstecken lassen und auch mit freudiger Erwartung dann ins vollbesetzte Kino gegangen bin. Was uns Sam Mendes da aber kredenzt ist einfach nur ein müder Actionfilm, der nach etwa 30 Minuten den Spannungsbogen abreißen lässt.

Bond soll neu, realistischer. gebrochen, verletzt, dreckig und ungeheuer männlich(?) aber dennoch menschlicher sein - das ist dann selbst für den besten Schauspieler nur schwer umzusetzten, Daniel Craig wirkt deshalb oftmals bemüht aber hauptsächlich unentschlossen. So wird die Bond unnnötigerweise psychologisiert, was prinzipiell kein schlechter Versuch ist; aber es wirkt aufgesetzt und passt auch nicht zur Figur der letzten beiden Teile.

Überhaupt, der "neue" Bond. Eigentlich müsste man sich ja nur an das alte Rezept halten: Gut gegen Böse, übergroße Bösewichte, exotische Schauplätze, schöne Frauen, schnelle Autos und Gadgets am Rande der Wahrscheinlichkeit.

Deshalb erstmal der Blick zum Bösewicht. Dieser ist - wie schon in anderen Filmbesprechungen öfters mal erwähnt - immer derjenige, an dem sich der Held messen muss. Ist der Bösewicht gut, kann der Held um so heller strahlen. Javier Bardem mag ein guter Schauspieler sein, wurde hier aber als Mischung von Hannibal Lecter und blond gefärbter Brüno (vergleiche Max Zorin in "Im Angesicht des Todes") verheizt. Um die Überlänge des Films nicht noch weiter zu strapazieren, wurde ihm - im Gegensatz zu "show, don't tell" mal schnell runtererzählt - eine Biographie verpasst, die es in sich hat: Als gefangenenr MI6-Agent im chinesischem Gefängnis fast zu Tode gequält, will er sich ein paar Jahrzehnte später an M rächen. Das muss natürlich sorgfältig inszeniert sein mit viel Kollateralschäden und Katz-und-Maus-Spielchen. Dr. Evil hat es schließlich genauso gemacht.

Dies muss als Motivation auch erstmal reichen, erklärt aber kaum, wie er eigentlich von den Chinesen weg gekommen ist, sich ein Terrornetzwerk aufbauen konnte und Schalten und Walten kann wie es ihm beliebt, ohne dass die Geheimdienste dieser Welt etwas von seinen Machenschaften mitbekommen haben. Gut, das war in den bisherigen Bond-Filmen sicherlich auch immer eher unkritisch hinterfragt worden, aber wie gesagt, dieser Bond soll ja eigentlich realistisch sein.

Aber genau an dieser Prämisse zerbricht dann der Film auch in der Mitte. Spätestens nach einer sehr klassischen Szene in einem Casino geht es nämlich richtig turbulent zu: Bond wird (Überraschung!) gefangen genommen und trifft den Bösewicht das erste Mal. Irgendwie schafft es Bond diesen zu überumpeln und mit einem Peilsender(!) die notwendige Verstärkung auf die einsame Insel (auch hierfür gibt es eine unnötige und seltsame Erklärung) zu lotsen. So weit, so gut. Doch genau das hatte der Bösewicht geplant! Er lässt sich nämlich in eine Glaszelle einsperren ("X-Men" und "Das Schwiegen der Lämmer" lassen grüßen) , während sein Notebook im Hauptquatier des MI6 untersucht wird und somit einen Virus ins System einschleusen kann. Damit ist er auch gleich wieder auf freiem Fuß, wird aber vom heraneilendem (erst an den ahnungslosen Wachen, dann an den toten Wachen vorbei) Bond sodann auch verfolgt. Dieser stellt ihn dann nach einigem hin und her sogar im Londoner Untergrund - weil aber auch das im Plan einkalkuliert war, kann der böse Wicht die Decke sprengen und eine just in diesem Moment vorbeifahrende U-Bahn auf Bond ... äh ... umlenken. Und somit schliddert der Film von einem Ärgernis ins nächste bis zum "Kevin allein zuhause"-Finale im schottischen Hochmoor. Dass eines der wenigen neuen Gadgets ausgerechnet ein alter Aston Martin ist, passt dazu irgendwie ins Bild.

Ebenso unfertig wirken die exotischen Schauplätze und die Bondgirls, von denen Bérénice Marlohe auch noch viel zu früh stirbt.

Insgesamt ist auch wieder einmnal die große Frage, wer ist eigentlich der Sympathieträger in dem ganzen Film? Den Bösewicht kann man nicht wirklich ernst nehmen, Bond im übrigen auch nicht. M als Schreibtischtäterin ohne Skrupel taugt genauso wenig. Die restlichen Schauspieler machen ihre Sache mal mehr (Ralph Fiennes) und mal weniger (Naomie Harris) gut. Unter'm Strich bleibt der gesamte Film deshalb auch sehr blutarm, leblos und steril. Als Psychodrama taugt es nichts und als Actionfilm auch nicht. Da gibt es mit "The Rock", "Stirb langsam 3" oder "True Lies" bessere.

(1/10)

tl;dr: Der neue Bond will realistisch sein und zerbricht daran.