8. April 2011

[MISC] Schulpädagogik

Die geneigte Leserschaft kennt meine Neigung, gelegentlich in unregelmäßigen* Abständen* einige interessante, verwirrende, manchmal irritierende Seiten ans Licht der Öffentlichkeit (oder so was Ähnliches halt) zu zerren. Heute: "frl krise interveniert".

Über mehrere Ecken (Facebook, Frau F., Herr Prof. H.-P. E., viel Fremdschämen) bin ich auf den o.g. Blog gestoßen ... 

Mir ist durchaus bewusst, dass Unterrichten nicht einfach ist. Viele Seminare in Wirtschaftspädagogik sowie fast 2,5 Jahre Tätigkeit als freier Trainer bei einem privaten Bildungsträger und mehrwöchige Schulpraktika haben letzten Endes auch dazu geführt, dass ich nicht in den Schuldienst gegangen bin wie es ja möglich gewesen wäre. Dass viele Lehramtsstudenten diese Wahlfreiheit nicht haben, ist mir durchaus auch bewusst. Ich denke also, die gesamte Problematik eines sozialen Jobs (auch mit Jugendlichen im Speziellen) ist mir ebenfalls bekannt - wenn das nicht reicht, könnte ich auch gerne noch ins Feld führen, dass ich aus einer Lehrerfamilie stamme.

Was mich zu dem erwähnten Blog bringt. Es ist schwer, in Worte zu fassen, wie sehr mich diese Geschichten abstoßen. Erinnerungen an meine eigene Schulzeit, Schulgeschichten aus der Familie und so ziemlich alle Warnungen aus den Uni-Seminaren (wie man es nicht macht) schießen mir beim Lesen durch den Kopf. 
Dazu die Erfahrung, dass Lehrer gerne dazu neigen, die täglichen Begebenheiten auszuschmücken und sich selbst in ein rechtes (=überlegenes) Licht zu rücken, um den geneigten Zuhörern (zu denen ich mich seit Jahren ehrlich gesagt nicht mehr zähle) eine Selbstpräsentation der eigenen pädagogischen (Un!-)Fähigkeit zu geben. Häufig geht das einher mit dem Wunsch nach Anerkennung, dass der Job (von Beruf(-ung) kann ja in den meisten Fällen leider keine Rede sein) so unendlich schwierig und anstrengend sei.

Wer jedoch zwischen den Zeilen des Blogs liest, wird sehr schnell feststellen, dass die Autorin stets um eine lakonisch-ironische Distanz zu ihren Schülern bemüht ist, um das Geschehen im Klassenraum nicht an sich heran zu lassen (was mal mehr oder weniger gelingt). An sich wäre das noch nicht mal das Problem - was aber aus meiner Sicht enorm kritisch ist, dass sie ihre Schüler lächerlich macht, gering schätzt und über alle Maßen sich selbst erhöht dadurch.

Wer sich ernsthaft mit Pädagogik auseinander gesetzt hat, wird spätestens hier meine Bauchschmerzen nachvollziehen können. Den Gegenüber ernst nehmen ist nämlich die Grundlage einer erfolgreichen Bildung. Die geschilderten Konflikte in dem Blog entstehen zu 95% aus eben jenem Dilemma, dass die Autorin dies nicht kann. Gelegentlich blitzt zwar Verständnis für die Situationen der Schüler auf, aber im Großen und Ganzen lässt sie das vermissen. Schlimmer noch, es ist (wie aus dem Lehrbuch) nachzuvollziehen, was als nächstes passiert: Die ständige Konfrontation mit den vermeintlich "dummen" Schülern führt dazu, dass diesen auch ständig bewiesen werden muss, dass die Lehrkraft überlegen ist (um die Distanz weiterhin zu wahren). Die vermeintliche Überlegenheit der Lehrerin löst eine kognitive Dissonanz bei den Schülern aus (die ja eigentlich nach Anerkennung suchen, zumal in diesem Alter, aber ständig ihr eigenes Unvermögen bestätigt bekommen), die durch Hinwendung zur Lehrkraft kompensiert wird. Klarer formuliert: Schüler mögen strenge Lehrer. Irgendwie.

Mindestens genauso schlimm sind die Kommentare, bei denen andere Lehrer (schätzungsweise) der Autorin auch noch zur Seite springen und weitere Geschichten über ihre eigenen, ebenfalls dummen Schüler zum Besten geben.

Wie gesagt, ich weiß, dass der Lehrberuf anstrengend und fordernd ist/sein kann, aber das hängt im Normalfall auch von der Lehrkraft selber ab. Wer tagtäglich der Meinung ist, nur von dummen, unfähigen Kindern umgeben zu sein, die selbst die einfachsten Zusammenhänge nicht kapieren (die man selbst ja schon fast auswendig runter beten kann - man macht das ja auch schließlich schon seit 20 Jahren), macht sich das Leben (und das der Schüler) selbst zur Hölle. Schade nur, dass es so aussieht als ob die Bloggerin erst am Anfang ihrer Karriere steht ... aber das Verhalten der älteren Kollegen bereits verinnerlicht hat. Ich werde jetzt nicht per Ferndiagnose einen Burn-out prophezeien, aber die Chancen stehen mit so einem Verhalten wirklich nicht schlecht.

Ich denke, man sollte eben jenes Verhalten reflektieren; vielleicht muss man sich wirklich nur mal bewusst machen, was der eigene Anteil an der Situation ist, um eine Verbesserung herbeizuführen.

* Da lege ich Wert darauf, sowohl unregelmäßig auch als auf die Abstände.

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