17. Oktober 2007

[Life] Das unentdeckte Land

Diese Woche hat es mich nach Ratingen verschlagen. Das liegt bei Düsseldorf und das wiederum liegt in NRW (Mitte links also). Das Lustige ist, dass es trotzdem eine ganz andere Welt als in Bamberg ist.

Zunächst einmal fällt auf, dass die Ampeln und Kreuzungen hier anders gestaltet sind. Jede(!) Fußgängerampel hat drei Lichter, oben eines mit "Warte", darunter die vertrauten roten und grünen Männchen. Als ob das noch nicht genug wäre, ist beinahe jede Ampel mit mindestents einem Druckknopf ausgestattet, der das eben erwähnte "Warte" auslöst. Das ist ganz nett, von wegen Interaktivität und so. Das Layout der Kreuzungen ist ebenfalls - zumindest bei größeren Straßen (und Ratingen wird von 4 Bundesstraßen und zwei innerstädtischen Ringen regelrecht zerschnitten). Ein Fußgänger muss sage und schreibe 3 Straßen überqueren, um von einer Seite zur anderen zu kommen, da jede Rechtabbiegerspur(1) durch so eine Mini-Verkehrsinsel abgetrennt ist. Man hangelt sich als über eine erste Druckknopfampel zur ersten Insel, überquert mittels zweiter Druckknopfampel die Hauptspur der Straße und landet auf einer zweiten Verkehrsinsel, von wo aus man dann entweder seinen Weg bspw. auf die eigentliche andere Seite oder aber - sofern man seinen Plan geändert hat - dann aber auch auf die (vom Usprung aus gesehen) diagonal gegenüberliegende Seite wechseln kann.

Aber das ist nicht das einzig Verwirrende. Dass man hier gerne Bierersatzflüssigkeit aus Senfgläsern konsumiert, ist ja hinlänglich bekannt; auch, dass man dieses in sog. "Trinkhallen" tut, war mir bekannt. Aber was man hierzulande unter einer Trinkhalle versteht, ist wirklich sehr erstaunlich. Bei uns würde man vielleicht Zeitungskiosk dazu sagen: Ein gartenhäuschenähnliches Gebilde, meistens aus grün gestrichenem Holz gezimmert, in dem ein paar Stehttische, eine Theke sowie Zeitungsständer zu finden sind, wo Zeitschriften, Zeitungen, Tabak und eben auch Spirituosen verkauft werden. Wer sich unter einer Halle bisher einen hohen, ehrwürdigen, von Säulen gesäumten Raum vorgestellt hat, geradezu ein Tempel, in dem dem Biergenuß gehuldigt wird ... wird eher enttäuscht sein.

Apropos Flüssigkeiten. NRW hat sein eigenes Pfandystem. Bisher dachte ich, jede gekaufte (Pfand-)Flasche könne man überall in Deutschland abgeben und würde einheitlich viel Pfand zurückbekommen. Hier ist dem nicht so, im Gegenteil, man zahlt auch noch 60 Cent Pfand für eine Flasche, die bei uns nur 25 Cent Pfand kostet. Wahlweise haben die mich beim Plus auch einfach bloß beschissen um 35 Cent.

Der letzte Unterschied ist auch gleichzeitig der Gravierendste: Man begrüßt sich nicht mit "Grüß Gott" oder "Servus", sondern mit "Guten Tag" - oder rheinisch knapp "Ta-ch", wobei man sich das "a" wie ein Ausruf des Ekels seinen Weg durch die Stimmbänder sucht.

(1) Da fällt mir auf, dass eine "RechtsabiegerInnenspur" tatsächlich Sinn machen würde ...

13. Oktober 2007

[MISC] Skandal beim Fränkischen Tag

Die Blogger-Ehre gebietet es, gelegentlich Missstände im quasi-journalistischen Sinne aufzudecken, Hintergründe zu recherchieren und den Verantwortlichen auf die Füße zu treten. Das wollen wir heute mal probieren und zu diesem Zwecke habe ich mir ein besonderes Ziel ausgesucht: den Fränkischen Tag.

Der geneigte Leser weiß, dass ich mich vor einigen Monaten auf die Suche nach einem Job gemacht habe. Dieser Quest führte mich mehr oder weniger früher auf die Seiten des Fränkischen Tags, um deren Jobanzeigen zu studieren – völlig gefrustet von den dargebotenen Anzeigen klickte ich auf die Karriere-Seiten des FTs, um zu schauen, ob vielleicht der FT selber etwas im Angebot hätte.

Und siehe da, sie suchten einen „Projektmanager Online“. Für jemanden, der die komplette Medieninformatik im Hauptstudium gemacht hatte, 3 Jahre bei einer uns nicht allzu unbekannten Hochschulgruppe in der Onlineredaktion (fast) alle technischen Probleme gelöst hat, die rund um HTML und javascript so anfielen, und sich überdies durchaus mit Web 2.0 auszukennen glaubte, bot sich eine aussichtsreiche Chance, fand ich. Mit anderen Worten: Die Bewerbung ging raus.

Nach einigen Tagen kam dann auch schon die schriftliche Bestätigung über den Eingang und wenig später der Anruf zur Vorladung zu einem Bewerbungsgespräch am 18.07.2007. Kurz vor diesem Termin erfuhr ich, dass ein anderer Blogger auch auf die Stellenausschreibung aufmerksam wurde und sich ebenfalls darauf beworben hatte und eingeladen wurde. Diese Information sollte sich im Verlauf der ganzen Sache sowie deren Pointe noch als äußerst wichtig erweisen.

Das Vorstellungsgespräch selbst war recht freundlich gestaltet, anwesend waren der Marketingleiter, ein Projektmanager (für was genau, ging nicht so ganz hervor) sowie eine Personalentwicklerin. Während des Gespräches wurde ich immer wieder auf meine Projektmanagementkenntnisse angesprochen sowie die Gestaltung eines möglichen Konzepts zur Steigerung der Klickzahlen und des Ausbaus des online-Angebots, eigentlich wenig ungewöhnlich. Ungewöhnlich war lediglich, dass der beteiligte Projektmanager fleißig alle meine Vorschläge mit notiert hat, sodass ich zwischenzeitlich den Eindruck von brain drain[1] hatte. Auch wurde erläutert, dass der Relaunch der Seite große Priorität genieße, alle Abteilungen erfassen soll, von der Geschäftsleitung direkt forciert werden würde und möglichst bald von statten gehen soll (irgendwie war nichts davon überraschend). So wurde viel über die Integration von Modulen in die bestehende Architektur, Alignment zwischen der IT und der Redaktion sowie verschiedene Finanzierungskonzepte zur Realisierung geredet.

Von dem Gespräch selber hatte ich trotzdem einen recht positiven Eindruck und war auch sicher, dass ich mich gut positionieren konnte gegenüber anderen Bewerbern.

Und das war das letzte Mal, dass ich etwas vom FT hörte.

In der Tat dauern Entscheidungsprozesse für Neueinstellungen sehr lange wie ich am eigenen Leibe ja die letzten Monate erfahren durfte. ABER selbst bei einer Ablehnung bekam ich eine immer mehr oder weniger plausible Erklärung geliefert von wegen, dass die Qualifikation bei eingehender Bewertung nicht gepasst hat, man geeigneteren Bewerbern den Vorzug gegeben hat oder wahlweise gerade eine anderweitige Lösung gefunden hätte ... zumindest in einem unverbindlichen und freundlichen Ton kommen diese Absagen daher und auch wenn jede Absage schmerzlich ist, kann/muss man sich danach eben wieder neu orientieren.

Nicht so beim FT.

Da Bamberg allerdings klein und zudem ja ein anderer Blogger ebenfalls zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, gab es die Möglichkeit, sich ein wenig über die Einstellungspraxis des FT zu unterhalten. Die Erkenntnisse aus diesen Gesprächen waren doch wenig angenehm und werfen ein seltsames Licht auf den FT. Scheinbar hielt man es auch bei anderen Aspiranten nicht für nötig, eine Rückmeldung zu geben, Etwas irritiert rief ich in der Folge sogar beim FT an, um freundlich nachzufragen, was mit meiner Bewerbung denn nun so geschähe und wie es weiterginge, doch alle sechs(!) Anrufe wurden abgewimmelt. Gleiches Spiel auch bei anderen Bewerbern.

Nun ja, an sich mag das vielleicht einfach nur erbärmlich sein, aber es kommt natürlich noch besser. Viel besser.

Denn es wurde sehr wohl jemand eingestellt. Allerdings niemand mit Managementqualitäten, der ein solches Projekt organisieren und umsetzen kann, sondern etwas völlig anderes: Ein PHP-Programmierer.

Man darf Bamberg in dieser Hinsicht nicht unterschätzen, letztlich kommen solche Informationen immer heraus, zumal der entsprechende Programmierer in der Firma eines Bekannten des anderen Bloggers und mir gearbeitet hat. Entsprechend dessen Einschätzung folge ich auch, was die Managementqualitäten anbelangt. Ich möchte ihn nicht diskreditieren an dieser Stelle, es sei angemerkt, dass die Programmierfähigkeiten scheinbar recht gut sind.

Das wirft einige sehr interessante Fragen zur Stellenausschreibung selber auf, aber zunächst einmal muss ich an dieser Stelle auf die Neuerungen beim FT eingehen, die sich seit August auf der Homepage dort so finden:

Da wäre zum einen der Ausbau der Foto-Gallerien (während der Sandkerwa beispielsweise waren extrem viele Fotoscouts vom FT unterwegs). Die Verlinkung dieser Gallerien auf der Startseite. Der Ausbau der Videosektion. Preissenkungen beim online-Abo. Integration von community-Elementen (würde mich nicht wundern, wenn sie meinem im Vorstellungsgespräch skizzierten, groben Zeitplan bis Weihnachten folgen).

All diese Dinge wurden von mir vorgeschlagen. Gut, ich besitze kein exklusives Recht auf diese Ideen (der andere Blogger bspw. hat einige ähnliche Ideen vorgeschlagen), aber ingesamt bekommt die Sache einen sehr schalen Beigeschmack, wenn man bedenkt, dass der FT zum einen sich diese Ideen in den Vorstellungsgesprächen präsentieren lässt und zum anderen dann aber letzten Endes einen Programmierer einstellt, dessen Hauptaufgabe die Integration dieser Ideen in die bestehende IT ist und nicht deren Konzeption und Ausarbeitung – das ist zwar reine Spekulation, aber für mich persönlich entwirft sich das Bild, dass der Marketingchef und der Projektleiter sich keine Konkurrenz an Bord holen wollten und auch nicht bereit waren, für ein so großes Projekt genügend Geld in die Hand zu nehmen, um qualifizierte Leute einzustellen.

Des Weiteren zeugt die Geschäftspraktik, Bewerber am ausgestreckten Arm verhungern zu lassen, auch von einem großen Mangel an Kompetenz. Dass Bamberg aber klein ist und so etwas die Runde macht ... das wurde wohl nicht bedacht.

Anmerkung: Die Namen in diesem Beitrag sind absichtlich nicht genannt. Nach einiger Überlegung kam ich zu dem Schluß, dass es so besser ist. Ebenso verzichte ich an dieser Stelle auf entsprechende Links.


[1] Kurze Erklärung: Es gibt Fälle, bei denen Bewerber eingeladen werden, um sich Anregungen für laufende Projekte geben zu lassen ohne dass eine Einstellung jemals geplant ist.